Und da ist auch wieder diese majestätische Wand zu sehen, die wohl das Ende des Tals ist. Auf meiner Karte sehe ich, dass am linken Ende die Dreizinkenspitze zu sehen ist, rechts daneben zunächst die Laliderer Spitze und dann noch die Sonnenspitze. Zwei Stunden später werde ich am Fuß dieser Wände stehen und mit jedem Meter, den ich mich diesem Monument nähere, wächst mein Staunen. Irgendwie schaut es hier aus wie im berühmten Rosengarten in Südtirol, nur dass die Berge hier nicht rot schimmern.
Überwältigende Landschaft im Karwendel

Landschaftlich ist das eine der schönsten Touren, die ich bisher gemacht habe. Ständig musste ich stehen bleiben um die monumentale Bergwelt um mich herum zu genießen. Und das Gute daran: Ihr braucht keine übermäßige Kondition für diese Tour. Der Aufstieg durch das Laliderertal ist auf weiten Strecken gemächlich, mit einem relativ kurzen aber steilen Aufstieg zur Falkenhütte, und der Abstieg zu den Engalmen ist an manchen Stellen auch etwas steil, aber gut zu zu gehen.
In einem meiner Wanderführer habe ich von dieser Tour gelesen und dachte mir, dass ich die unbedingt mal gehen muss. In dem Buch wurde hauptsächlich vom Ende der Tour an der Engalm und dem großen Ahornboden geschwärmt. Ich persönlich fand den Weg dorthin spektakulärer. Allerdings muss man, um diese Tour zu gehen, erstmal zwei Kröten schlucken. Erstens muss man den Zug nach Lenggries am Münchner Hauptbahnhof bereits um 7 Uhr in der früh besteigen. Also sehr früh aufstehen. Zweitens kann man die Tour nur am Wochenende machen, da der Bergsteigerbus ab Lenggries nur da früh genug losfährt, dass man die Tour an einem Tag schafft. Die zweite Kröte ist die Tatsache, dass die Engalm leider auch von großen Ausflugsbussen angefahren werden kann, die am Wochenende wahre Horden an Menschen hierher bringen.
Der Bergsteigerbus steht schon am Bahnhof, als der Zug aus München ankommt und füllt sich schnell mit anderen Wanderern, die dieselbe Idee hatten wie ich. Bis zur österreichischen Grenze in Vorderriß gilt übrigens das Bayernticket. Von Lenggries fährt er zunächst zum Sylvensteinspeicher, dem Stausee, aus dem München sein Trinkwasser bezieht. Glasklar und frisch aus den Bergen, Münchens Leitungswasser ist besser als manches Mineralwasser. Die Route folgt dem See Richtung Hinteriß und endet am Berggasthof Eng. Ich steige aus an der Haltestelle Einstieg Laliderertal und bin von der Anfahrt schon ganz überwältigt. Die Landschaft verdient die Bezeichnung dramatisch.
Nachdem mich der Bus an meinem gewünschten Stopp abgesetzt hat, lasse ich die Kulisse erst mal auf mich wirken und suche den Einstieg in das Laliderertal, der etwas versteckt ist. Komischerweise war ich der einzige, der hier ausgestiegen ist. Aber das stört mich nicht, ich komme ja auch in die Berge, um etwas Ruhe genießen zu können. Der Einstiegsweg führt durch einen kleinen Bach, der aber nur wenig Wasser führt. Aber es reicht um nasse Füsse zu bekommen. Nach einem kurzen Anstieg durch ein lichtes Waldstück voll dieser wunderschönen blauen Blumen, die wie Enzian ausschauen, erreiche ich den Hauptweg.
Wie Ihr oben sehen könnt, führt der Weg zunächst über eine Forststraße durch den Wald. Man merkt gar nicht wie man die Höhenmeter erklimmt. Ich atme die kühle, würzige Morgenluft ein. Das tut gut. Im Tal zu meiner Rechten rauscht ein Bach. Schade, wäre doch bestimmt auch schön, wenn man da lang laufen könnte. Vielleicht geht das ja später noch. Also genieße ich weiter die gute Luft und freue mich über die kleinen Ausblicke zwischendurch.
Nach etwa einer Stunde führt die Straße aus dem Wald und hinunter in ein weites Tal. Die Sonne hat es noch nicht bis zum Talboden geschafft und so ist es noch angenehm kühl, also perfekt zum Wandern.
Aber sagt selbst, ist das nicht der Hammer?
Und dann stehe ich irgendwann wirklich vor dieser Wand und blicke auf den Lalidersalm-Niederleger. Es gibt auch den dazugehörigen Hochleger. Interessante Bezichnungen haben die hier. Aber beim Anblick dieser Landschaft denke ich: „Da legst Di nieder!“
Um mich herum herrscht ein ohrenbetäubender Lärm von gefühlt hunderten Kuhglocken. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber ich habe das Gefühl, dass das Läuten von der Felswand vor mir als Echo zurück hallt. Mitten im Almendorf steht dann ein Wegweiser zur Falkenhütte, der geradewegs über die Wiese zeigt. Wo ist denn nun der Pfad? Dann sehe ich am anderen Ende der Wiese den nächsten Wegweiser, also muss das wohl der richtige Weg sein.
Es folgt der anstrengendste Teil der Tour. Es gilt auf einer recht kurzen Strecke etwas über 300 Höhenmeter zu überwinden. Zunächst führt der Pfad durch ein dichtes Gestrüpp. Ein paar Kühe kommen mir entgegen, und ich lasse den Tieren den Vortritt. Die letzte traut sich komischerweise erst an mir vorbei, nachdem ich mich im Gestrüpp versteckt habe. Dann komme ich wieder auf eine Wiese und erklimme die Anhöhe in einer weiten Serpentine. Wie Ihr oben seht, begleitet mich die Felswand und bildet eine Grenze. Und dann irgendwann kommt dann die Hütte endlich in Sicht.
Und schon wieder bleibt mir die Spucke weg. Zum einen wegen dieses grandiosen Anblicks und zum anderen, weil ich ganz dringend ein frisches, gut gekühltes alkoholfreies Weißbier brauche. Das gehört einfach zu einer Bergwanderung dazu. Das erste Bier zischt dann auch so richtig. Und dazu diese Hammeraussicht. Hier könnt ich es ja noch ein gutes Weilchen aushalten. Am Nebentisch sitzen ein paar Jungs und spielen Karten.
Mein Wanderführer würde mich jetzt auf den Gipfel des Mahnkopf führen. Das wäre aber einfache Strecke noch eine gute Stunde und noch mal 200 Höhenmeter. Vielleicht beim nächsten Mal. Aber ein bisschen lauf ich doch auf dem Weg um noch ein paar gute Fotos von der Hütte zu schießen.
Da ich noch eine längere Strecke vor mir habe und nicht genau weiß, wie lange ich brauchen werde, breche ich dann doch recht bald wieder auf. Schließlich muss ich ja einen Bus kriegen, der nicht auf mich warten wird. Hier komme ich bestimmt mal wieder her. Vielleicht gehe ich ja dann auf den Mahnkopf hoch. Es gibt aber auch noch andere Weg hier in der Gegend, die ich beim nächsten Mal gehen kann.
Zunächst steige ich also hinab zum Spielissjoch. Hier trennt sich der Weg. Rechter Hand geht es zur Ladizalm und dem kleinen Ahornboden. Ich gehe nach links und quere die Laliderwand an ihrem Fuß in Richtung Hohljoch.
Am Fuß der Laliderer Spitze gehe ich durch Geröllfelder. Dort wo diese enden und die Wand senkrecht aufsteigt, gibt es an manchen Stellen sogar noch Reste von Schneefeldern. Wundert mich jetzt nicht wirklich, nachdem hier offenichtlich nie die Sonne hinkommt.
Nachdem ich heute keine spektakulären Wildtiersichtungen vorweisen kann, muss halt mal die Schwarzgefleckte herhalten.
Und so erreiche ich das Hohljoch und blicke noch ein letztes Mal ins Laliderertal und den Niederleger.
Und dann kommt auch schon der nächste Wow-Effekt. Auf dem Grat des Hohljochs habe ich den ersten Blick auf die Gipfel, die das Tal der Engalm mit dem großen Ahornboden umgeben. Diesen Anblick finde ich genauso beeindruckend wie das was ich heute schon so Alles gesehen habe.
Irgendwie fühle ich mich beim Anblick dieser Berge klein, aber dennoch frei. Es gibt eben doch noch Dinge, die der Mensch nicht so großartig hinkriegt, wie Mutter Natur.
Kurz hinter dem Joch verzweigt sich der Weg. Links geht es zum Gamsjoch, das ich ja schon aus der Ferne gesehen habe. Rechts führt der Pfad hinunter ins Tal. An dem Wegweiser hängt auch ein großes Schild mit einem durchgestrichenen Fahrrad. Hier ein Hinweis an die abtenteuerlustigen Mountainbiker: Es gibt Situationen, in denen Verbotsschilder durchaus Sinn machen. Dieser Pfad ist 1. eng und 2. auf weiten Strecken so uneben, dass Ihr Euer Fahrrad schieben oder tragen müsst. Es gibt andere Wege zurück ins Tal für Euch. Das Laliderertal zum Beispiel.
So steige ich also Richtung Tal hinab, muss immer wieder stehen bleiben um Mountainbiker vorbeizulassen, die dann 10 Meter weiter absteigen müssen, weil mal wieder ne recht hohe Stufe zu bewältigen ist, und genieße dabei aber immer wieder die tolle Aussicht.
Und dann liegt irgendwann tief unten im Tal die Engalm. Der Begriff Kar in der Bezeichnung der Region, bei vielen Namen der Gipfel und des Naturparks stammt übrigens aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet Korb, Schüssel, Gefäß. Was das jetzt wiederum mit diesen Felsmassiven zu tun hat, ist mir nicht so ganz klar.
Während des Abstiegs sehe ich dann zum ersten Mal in den so hoch gepriesenen Ahornboden und finde den jetzt zunächst mal nicht so spektakulär. Wo sind denn die angeblich über 2.000 Ahornbäume?
Zunächst erreiche ich die Engalm. Eigentlich ein wunderschönes Almendorf. Sehr urig und idyllisch. Leider gibt es aber eine Mautstraße, die auch von Bussen befahren werden kann und es hat sich herumgesprochen, dass es hier wunderschön ist. Daher sind hier recht viele Menschen unterwegs. Ich drehe eine Runde und schaue mir das mal genauer an.
Nach der langen Wanderung habe ich nun großen Hunger. Im Almendorf gibt es auch eine Rasthütte. Da das Wetter wunderschön ist, suche ich einen Platz auf der Terrasse. Die ist unterteilt in einen Selbstbedienungsbereich und einen Teil, in dem serviert wird. Ich beschließe, dass ich mich jetzt bedienen lassen will und finde dann auch einen Platz bei einer Gruppe von älteren Kurgästen, die auf Busausflug sind. Man redet von Kurschatten und Krankheiten. Das ist schon wieder so klischeebehaftet, dass es mich amüsiert.
Auf der Speisekarte gibt es die Variation von 3 Knödeln. Das muss ich jetzt haben. Die Basis ist ein Semmelknödel, der einmal „natur“, einmal mit Tomate und einmal mit Spinat zubereitet wurde. Sehr lecker mit viel geschmolzener Butter und Käse. Und sehr mächtig. Irgendwie müsste ich meine Tour gleich nochmal gehen, um die Kalorien wieder zu verbrennen.
Stattdessen gibt es nur einen kleinen Verdauungsspaziergang und einen Stopp im Bauernladen. Hier gibt es zum einen leckeren Käse, der hier im Dorf gemacht wurde zu verköstigen und zu kaufen. Dazu das passende Bauernbrot und Marmeladen. Schade, dass die keinen Online-Shop haben. Hier würde ich öfter bestellen. Der Käse hat gerade mal wieder eine Medaille bei der Almkäseolympiade gewonnen.
Auf dem Weg zum nahegelegenen Alpengasthof Eng sehe ich dann doch noch die Ahornbäume. Und den dazugehörigen Lehrpfad.
Auf dem großen Ahornboden wachsen tatsächlich knapp über 2000 Ahornbäume. Einige davon sind bis zu 600 Jahre alt. Ich habe den größten Teil der Bäume nicht gesehen, weil die Engalm am Ende dieses Tals liegt. Zum Schutz und Erhalt dieser einzigartigen Landschaft wird für jeden Ahornbaum, der abstirbt ein neuer gepflanzt. Somit sollte hoffentlich auch die Nachwelt diesen Anblick noch genießen können. Besonders spektakulär schaut das bestimmt aus, wenn sich die Blätter im Herbst verfärben.
Leider habe ich zu spät bemerkt, dass ich hier noch was verpasse, denn es wird Zeit zu meinem Bus zu gehen. Wenn ich den nicht kriege, muss ich hier übernachten. Wär ja aber vielleicht gar nicht soo schlimm. Also noch einen letzten Blick auf die Landschaft geworfen und ab in den Bus.
Was für ein genialer Tag in wirklich atemberaubender Landschaft.
Respekt, wenn Ihr tatsächlich den ganzen Post gelesen habt. 🙂
Ich hoffe, ich habe Euch nicht zu sehr gelangweilt. 🙂
Und wie immer freue ich mich über Eure Kommentare.
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